Tunnelpläne in München verhindern S4-Ausbau
Vor über einem Jahr wurde die von
über 8'000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnete Massenpetition der
Bürgerinitiative "S4 Ausbau jetzt" im Landtag eingereicht. Seitdem setzt sich
die Bürgerinitiative mit vielen Briefen und Vorschlägen für kurz- und
langfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Angebots auf der S4 West ein. In
erster Linie geht es dabei um einen viergleisigen Ausbau der Strecke zwischen
Pasing und Buchenau.
S4 - höchstes Fahrgastaufkommen
...
Stolpertakt und kleines
Platzangebot
Der immer noch geplante 2.
parallele Stammstrecken-Tunnel würde an dieser Situation nichts ändern. In der
Fahrgast-stärksten Stunde zwischen 7 und 8 Uhr kommen z.B. derzeit sechs
S-Bahnzüge aus Richtung Geltendorf in Pasing an. Dies ergibt insgesamt 15
Zuggarnituren (ET 423). Mit dem bei Fertigstellung der 2. Stammstrecke
vorgesehenen 15-Minuten-Takt würden im Berufsverkehr zwischen 7 und 8 Uhr nur
noch 12 statt bisher 15 Zuggarnituren (ET 423) angeboten. Der Abbau des
Platzangebots um 20% ist sicher nicht hinzunehmen, denn die S4 gehört schon
jetzt am Morgen zu den am stärksten ausgelasteten S-Bahnstrecken. Das alles ficht den verantwortlichen
bayerischen Wirtschaftsminister Zeil nicht an: In der Antwort auf einen
diesbezüglichen offenen Brief der Bürgerinitiative S4-Ausbau jetzt
schrieb er im Januar: "Ob und in welchem
Umfang planmäßige Überholungen von S-Bahnen durch den Fernverkehr notwendig
werden, kann erst nach Abschluss der genauen Fernverkehrsplanung durch die Bahn
benannt werden." und "Ihre Sorge ... (zum Platzangebot) ist unbegründet. Das genaue Fahrplanangebot
wird zeitgerecht zur Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke durch den Freistaat
bestellt werden."
Konzept
A - statt 2. Parallel-Tunnel
Das Festhalten an der völlig
fragwürdigen Planung einer parallelen zweiten Stammstrecke verhindert -
abgesehen von den Risiken bei ihrer Umsetzung - alle Verbesserungen im
S-Bahn-Verkehr. Wesentlich realistischere Vorschläge einer Ertüchtigung des
Südrings und der Verlängerung der U-Bahn bis Pasing werden nicht weiter
verfolgt. So hat ein Bündnis verschiedener Verkehrs- und
Naturschutz-Organisationen mit dem "Plan A" ein wesentlich tragfähigeres Konzept
vorgelegt.
Tunnelfinanzierung noch im Dunkeln
Anfang Januar zitierte die
Süddeutsche Zeitung aus einem internen Bericht der Bahn an den Aufsichtsrat. Die
Kosten für den zweiten Tunnel wurden um 400 Millionen teurer beziffert als
bisher offiziell bekannt. Nun ist in diesem internen Papier der Bahn von 2,433
Milliarden Euro die Rede. Die Grünen und Naturschutzverbände haben schon länger
von mindestens 2,6 Mrd. € gesprochen. Aber das Wirtschaftsministerium zeigte
sich überrascht und dementierte umgehend.
Bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung
wird mit zweierlei Maß gemessen: Dass der Nutzen-Kosten-Faktor für den zweiten
Tunnel bei einer solchen Kostensteigerung wohl unter null sinkt (= nicht
wirtschaftlich sinnvoll), wird tunlichst verschwiegen. Der Nutzen-Kosten-Faktor
für den Ausbau der S4 ist zwar offiziell über 1 (Wirtschaftlichkeit gegeben),
wird aber als so gering erachtet, dass dies jetzt durch das
Wirtschaftsministerium seit März mit ungewissem Ausgang untersucht wird.
Man kann sich nur wundern, dass
nach dem Planungs-Desastern von Stuttgart21, der Hamburger Elbphilharmonie oder
dem Berliner Großflughafen immer noch nach dem gleichen Muster geplant wird:
Zunächst werden die Kosten herunter gerechnet und der richtige Preis wird erst
öffentlich, nachdem ein Zurück unmöglich oder sehr teuer wird. "Augen zu und
durch" ist nicht die richtige Planungsmethode für zukunftsorientierte
Großprojekte. Öffentliche Beteiligung möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger
ist die einzige Möglichkeit einer realistischen Planung unter Einbeziehung
möglichst vieler Eventualitäten.