MITTEN IN FÜRSTENFELDBRUCK

Verschwörung gegen Schienen


Von Sebastian Mayr


Man muss nur genau hinhören. Dann merkt man gleich, dass da seit Jahren an einer Verschwörung gearbeitet wird. Eigentlich wollen die CSU-Politiker Reinhold Bocklet und Thomas Karmasin nämlich gar nicht, dass die S4 ausgebaut wird. Weder vierspurig, noch dreispurig, noch irgendwie sonst. Ganz im Gegenteil, die Schienen sollen weg. Denn der Landkreis leidet unter der S-Bahn. Jetzt hat sich Karmasin verplappert. Beim Treffen der Mittelstandsunion war das. Da hat er über den fehlenden Wohnraum im Landkreis gesprochen, und darüber, dass die S-Bahn die ganze Strukturpolitik des Kreises kaputt macht. Karmasin hat seinen Parteifreunden gesagt, was er sich als Lösung für das Problem wünscht: Wer im Landkreis wohnen will, soll auch da arbeiten müssen.


Das legt die Vermutung nahe, dass vieles, was zuletzt passiert ist, absichtlich geschehen ist. Eine Verschwörung eben. Karmasin könnte – so wie es aussieht – einiges von langer Hand geplant haben. Wahrscheinlich hat er heimlich den Ausbau der S-Bahn verhindert, damit kein Pendler mehr ins Brucker Land zieht. Und wenn im Sommer an den Schienen der S4 gebaut wird, werden die in Wirklichkeit gar nicht ausgetauscht. Sie werden entfernt! Der Landrat hat sich dafür eigens zum Sprecher der acht im MVV eingebundenen Kreise wählen lassen. Er hat sozusagen einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, um seinen Einfluss zu vergrößern. Nebenher hat er, ganz unauffällig, die Alternativen attraktiver gemacht. Die Elektroautos zum Beispiel. Mit denen kommt man nämlich nicht so ohne Weiteres nach München und zurück. Im Landkreis dagegen sind die Entfernungen klein genug. Außerdem sind schon in etlichen Gemeinden Ladesäulen für die umweltfreundlichen Fahrzeuge aus dem Boden gewachsen.


Muss also bloß noch der heimliche Abbau der Schienen beginnen. Dann kommen die Pendler nicht mehr nach München. Denn wenn die Bahnen nicht fahren, ist auch auf den Straßen Stau. Karmasins Ziel ist nicht mehr fern. Die Pendler werden fliehen. Und der Landkreis kann aufatmen. Vielleicht gibt es aber auch gar keine Verschwörung. Doch dann bleibt zumindest eine ziemlich spannende Verschwörungstheorie.



Quelle
Verlag Süddeutsche Zeitung
Datum Mittwoch, den 29. April 2015
Seite 9