Fürstenfeldbruck

S-BAHN-BAUSTELLE

Mangel an Flexibilität


„Sechs Wochen Verkehrschaos“, 21. April


Da haben sie es uns wieder einmal gezeigt, wer im Landkreis in Sachen Nahverkehr das Sagen hat, die Manager von DB und MVV. So kleinlaut, wie sie sich im Streik mit der GDL geben, so großspurig treten sie bei den anstehenden Renovierungsarbeiten an der Bahnstrecke München-Pasing-Fürstenfeldbruck und der Bewältigung der notwendigen Ersatzverkehre auf. Nach Ansicht der Bahn besteht prinzipiell keine Notwendigkeit, auf benachbarte S-Bahnlinien auszuweichen. Man könne dies nicht verhindern, werde aber eine solche Verlagerung in keiner Weise fördern, weil auch dort die Kapazitäten beschränkt seien. Der angebotene Bus- Schienenersatzverkehr zwischen Fürstenfeldbruck und Pasing wird’s dann schon richten.


Planen die Verantwortlichen bei Bahn und MVV eigentlich irgendwo auf dem Land, wo Lokalbahn und Landstraße friedlich nebeneinander herlaufen? Ist es noch nicht bis zu ihnen durchgedrungen, dass sie hier im hochkomplexen Netzwerk eines Verdichtungsraums agieren? Von Fürstenfeldbruck nach München-Pasing braucht die S-Bahn 15 Minuten. Mit dem Auto schafft man es außerhalb der Hauptverkehrszeit (HVZ) über die B2 in einer knappen halben Stunde. Der Bus aber, der die S-Bahn-Halte Eichenau, Puchheim und Aubing abklappert, ist in der HVZ mindestens 50 Minuten unterwegs. Warum bitte sollen sich die Pendler da nicht auf andere S-Bahnlinien – ohne Zuzahlung – hin orientieren? Das Kapazitätsargument ist mehr als fadenscheinig. Zum einen sind S3 und S8 mit dem 10-Minuten-Takt schon im Normalbetrieb deutlich im Vorteil, zum anderen fahren dann zwischen Pasing und Bruck gar keine S-Bahnen. Die dort nicht benötigten Züge könnten S3 und S8 verstärken. Flexibilität im Handeln ist eben keine Eigenschaft der modernen Bahn. Wenn es um den eigenen Standpunkt geht, ist man in der Argumentation sehr wohl flexibel. So werden während der Bauzeit einzelne Regionalzüge in Buchenau halten. Ein Halt in Bruck oder Puchheim „sei baubedingt nicht möglich“. Haben wir Puchheimer doch nicht gerade auf Veranlassung von DB-Verantwortlichen mitgeteilt bekommen, dass ein Bau von barrierefreien Außenbahnsteigen nicht möglich sei, weil der vorhandene Mittelbahnsteig für den eventuellen Halt von Regionalzügen notwendig sei? Dr. Reinhold Koch


Puchheim



Quelle
Verlag Süddeutsche Zeitung
Datum Mittwoch, den 22. April 2015
Seite 10