Fürstenfeldbruck
Sechs Wochen Verkehrschaos
Wegen Gleisarbeiten fährt in den Sommerferien keine S-Bahn zwischen
Fürstenfeldbruck und Pasing. Der Landrat hält das Angebot an Ersatzbussen für
nicht ausreichend und fordert eine Entschädigung für Fahrgäste
Von Peter Bierl
Fürstenfeldbruck – Von Mai bis September werden auf der Linie der S4 die Gleise
erneuert. Knüppeldick kommt es für die Pendler in den Sommerferien. Dann fährt
zwischen Fürstenfeldbruck und Pasing kein Zug, stattdessen verkehren Busse.
Landrat Thomas Karmasin (CSU) befürchtet ein Verkehrschaos. Er fordert den MVV
auf, genügend Busse bereitzustellen. Außerdem will Karmasin eine Entschädigung
oder Kulanz für die Fahrgäste, die auf andere S-Bahn-Linien ausweichen. Der MVV
verweist auf die Bahn AG, die wiederum hält ihr Angebot für ausreichend.
Karmasin fürchtet, dass ein Schienenersatzverkehr allein nicht ausreichen wird.
Deshalb hat er sich direkt an den MVV gewandt. Zum anderen gehen der Landrat
sowie der ÖPNV-Beauftragte Hermann Seifert davon aus, dass viele Pendler in
Fürstenfeldbruck, Eichenau und Puchheim verstärkt Regionalbusse nutzen werden,
um nach Maisach, Olching, Gröbenzell oder Germering zu fahren und dort in die
Züge der S3 und S8 zu steigen. Betroffen wären davon fünf Linien plus die
Expresslinien und die neuen Ruftaxen. Für Inhaber von MVV-Zeitkarten und
Jahresabos ergibt sich daraus ein weiteres Problem. Sie müssen zusätzlich
stempeln, sollten sie andere Tarifzonen queren. „Es kann nicht sein, dass die
Leute extra bezahlen müssen, obwohl sie ja nichts dafür können“, argumentiert
der Landrat. Präzedenzfall ist für ihn der Ausfall der S3 zwischen Olching und
Pasing, nachdem Anfang Mai 2014 ein Bagger und ein Zug zusammen geprallt waren
und die Verbindung tagelang ausfiel.
Die Pendler mussten auf Ersatzbusse umsteigen, die zur Hauptverkehrszeit
überfüllt waren. Rund um die Bahnhöfe in Eichenau, Puchheim und Fürstenfeldbruck
war alles zugeparkt, weil Pendler auswichen. Wer statt des Autos einen Linienbus
zur S4 nutzte, erlebte eine böse Überraschung. Auf dem Umweg gerieten viele in
einen Tarifring, in dem ihre Zeitkarte ungültig war. Prompt verteilten
Kontrolleure Bußgeldbescheide.
Damals finanzierte der Kreis zusätzliche Fahrkarten. „Aber jetzt dauert das
mehrere Wochen, das können wir uns nicht leisten“, erklärte Seifert der SZ. Und
um die wenigen Busse und Taxen des Schienenersatzverkehrs könnte wieder ein
„Hauen und Stechen“ ausbrechen. Obendrein befürchtet der Landrat, dass die
Straßen und Parkplätze dicht sind, wenn die Pendler auf Autos umsteigen. Solche
Zustände sollen sich nicht wiederholen, fordert der Landrat. Karmasin möchte so
schnell wie möglich ein Treffen mit den Verantwortlichen von Bahn AG und MVV, um
ein bessere Regelung zu finden.
„Wir müssen uns im Vorfeld wappnen und handlungsfähig bleiben, falls ein Chaos
ausbricht. Wir brauchen eine abgestimmte Lösung“, sagte Seifert. Der Landrat
fordert obendrein einen finanziellen Ausgleich, wenn Pendler wegen eines Umweges
mehr für ihre Tickets bezahlen müssen oder der Kreis einspringen muss. Im
Landratsamt ist man auch deshalb mit MVV und Bahn AG unzufrieden, weil man über
die Streckensperrung aus der Zeitung erfuhr. Erst am 2. April habe die Bahn AG
einen Brief abgeschickt und die Kreisbehörde informiert, sagte Seifert der SZ.
Im Rahmen der Modernisierung wird im Mai zunächst ein Gleis zwischen Pasing und
Puchheim auf einer Strecke von vier Kilometer Länge erneuert. Anschließend
werden Schienen beider Gleise zwischen Puchheim, Eichenau und Fürstenfeldbruck
auf etwa 1,3 Kilometern ausgetauscht. Die Kosten betragen laut Bahn AG etwa
9,3 Millionen Euro.
Was den Schienenersatzverkehr (SEV) betrifft, verweist man beim MVV auf die Bahn
AG. „Das ist nicht Aufgabe des Landratsamts. Die sind zuständig, das fällt in
deren Verantwortung“, sagte ein Pressesprecher der SZ. In den MVV-Regionalbussen
müsse man normalerweise eben einen Fahrschein lösen, möglicherweise würde man
sich aber aufgrund der besonderen Umstände kulant zeigen. „Das müsste man im
Einzelfall klären“, sagte er.
Laut einem Bahnsprecher steht das SEV-Konzept noch nicht fest. Auf jeden Fall
würden im gesamten Zeitraum vom 31. Juli bis 14. September alle S-Bahnen der S4
zwischen Pasing und Fürstenfeldbruck durch Busse ersetzt. Das vorhandene freie
Gleis werde von den Regional- und Güterzügen genutzt, dabei könne es
Verspätungen geben. Zwischen Fürstenfeldbruck und Geltendorf sollen die S-Bahnen
im 30-Minuten-Takt fahren. Einzelne Regionalzüge werden außer der Reihe in
Buchenau halten, welche das sind, steht noch nicht fest. Ein Halt in Bruck oder
Puchheim sei baubedingt nicht möglich. Falls die Platzkapazitäten in den
Regionalzügen nicht ausreichen, werde DB Regio Verstärkerbusse zwischen
Geltendorf, Buchenau und Pasing einsetzen.
Nach Ansicht der Bahn besteht „prinzipiell keine Notwendigkeit“ auf benachbarte
S-Bahnlinien auszuweichen. Man könne dies jedoch nicht verhindern, werde aber
eine solche Verlagerung „in keiner Weise fördern“, weil auch auf der S 3 und der
S 8 die Platzkapazitäten beschränkt sind. Eine Verstärkung von MVV-Linienbussen
sei seitens der Bahn nicht geplant.