München-Region-Bayern

Ab Puchheim rappelvoll

Innenminister Joachim Herrmann testet im Selbstversuch, wie es in der S 4 während des Berufsverkehrs zugeht


Fürstenfeldbruck – „Gefühlt ist der Zug schon ziemlich voll“, bemerkt Innenminister Joachim Herrmann (CSU) durchaus zutreffend, als er mitten im Berufsverkehr in Fürstenfeldbruck in die S-Bahn steigt. Im Zuge der Kabinettsbildung wurden im Herbst alle Verkehrsthemen beim Innenminister gebündelt. Zur Erblast aus dem Wirtschaftsressort gehört dabei der viergleisige Ausbau der S4 ab Pasing, der am stärksten frequentierte Außenast des MVV im Münchner Westen. Einen Gesprächstermin mit der Bürgerinitiative „S-4-Ausbau jetzt“ hatte Herrmann abgelehnt, am Dienstag wollte er sich auf einer Fahrt selbst ein Bild machen.


Begleitet wird der Minister von seinem Tross, dazu CSU-Politiker, Polizisten und Journalisten sowie Vertreter des MVV und der Bahn AG. Zusammen blockieren sie erst den Treppenaufgang am Bahnhof, dann Stehplätze im Zug. Maximal erlaubt seien vier Personen pro Quadratmeter, erklärt Bernhard Weisser, Geschäftsführer der S-Bahn München, versichert aber, dass diese Kapazität selbstverständlich nicht ausgeschöpft werde. In Eichenau steigen ein weiterer Pulk von Pendlern ein, in Puchheim ist der Bahnsteig voll belegt. Sollte der Minister je vorgehabt haben, mit Normalbürgern ins Gespräch zu kommen, ist es nun zu spät, weil rappelvoll. Bloß die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, hatte zuvor ein Mädchen angesprochen.


Sie fährt normalerweise von Gernlinden nach Laim in die Schule, aber die S3 ist wegen des Unfalls vergangene Woche ab Lochhausen gesperrt. Also ist die Schülerin mit dem Bus nach Fürstenfeldbruck gefahren. Ganz schöner Umweg stellt der Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet fest. „Sie wird sich durchschlagen“, kommentiert Herrmann. Es bleibt der einzige Fall von Bürgernähe auf der Fahrt.


Der Minister ist umringt von CSU-Politikern und lässt sich vom S-Bahn-Geschäftsführer mit Zahlen und Statistiken unterhalten. Zu Spitzenzeiten fahren etwa 1000Fahrgäste mit einem Zug der S4, „in der Regel sind es aber deutlich weniger“, sagt Weisser. Er betont, dass im morgendlichen Berufsverkehr nur Langzüge aus drei Garnituren verkehren – allerdings erst seit Bürger und Kommunalpolitiker protestieren.


Am Hauptbahnhof endet die Tour. Eskortiert von der Polizei marschiert die Gesellschaft in ein Restaurant zur Pressekonferenz. Die ausgereichte Pressemappe enthält eine Erklärung, in der es heißt: „Für Herrmann steht nach der Fahrt fest: Wir müssen die Situation für die täglichen S-4-Pendler verbessern, kurz- und langfristig.“ Zum Fahrplanwechsel im Dezember soll ein zusätzlicher Zug am Morgen fahren. Das Konzept des Landkreises Fürstenfeldbruck, zusätzliche Expresszüge einzusetzen, ist damit vom Tisch. Ein drittes Gleis soll zwar noch verlegt werden. Aber der geplante Ausbau der S4 findet nicht statt. Peter Bierl