S-4-Ausbau bleibt Planspiel

Innenministerium will das Projekt billiger machen, kann das Ergebnis aber noch immer nicht präsentieren. Bürgerinitiative beklagt „stiefmütterliche Behandlung“. Der Landrat fordert Verbesserungen ohne den zweiten Tunnel

Von Peter Bierl

Fürstenfeldbruck – Die Ergebnisse einer sogenannten Optimierung des viergleisigen Ausbaus der S4 werden in diesem Jahr nicht mehr vorgelegt. Die Arbeit sei „ziemlich komplex“, erklärte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums der SZ und versicherte, Anfang nächsten Jahres würde geliefert. Die Bürgerinitiative „S-4-Ausbau jetzt“ wertete die Verzögerung als neuerlichen Beleg für eine „stiefmütterliche“ Behandlung der Strecke. Landrat Thomas Karmasin (CSU) forderte Konzepte für den Ausbau auch ohne einen zweiten S-Bahn-Tunnel in München.

Der viergleisige Ausbau der Strecke soll die Infrastruktur für ein besseres Angebot, etwa einen Zehn-Minuten-Takt, bieten. Im März 2012 hatte das bayerische Wirtschaftsministerium, damals noch für Verkehr zuständig, eine Nutzen-Kosten-Analyse vorgelegt, derzufolge ein Ausbau mit dem Wert 1,04 gerade noch rentabel wäre. In diesem Papier war jedoch schon nicht mehr von neuen Gleisen bis Buchenau, sondern nur mehr bis Eichenau die Rede. Seit diese Analyse vorliegt, soll sich eine Arbeitsgruppe mit der Optimierung beschäftigen, also einer Ausbauvariante, die weniger kostet. Minister Martin Zeil (FDP) versprach zuletzt im Wahlkampf im Sommer, das Resultat würde bis Jahresende vorliegen. Inzwischen ist Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zuständig. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte der SZ, dass die Öffentlichkeit die Optimierung bis Jahresende nicht mehr zu sehen bekommt. „Wir sind in der entscheidenden Ausarbeitungsphase mit der Bahn“, hieß es. Das Ergebnis werde gleich Anfang 2014 präsentiert.

Sollte dies noch im Januar geschehen, wäre die Verzögerung „nicht dramatisch“, passe aber ins Bild, sagte Mirko Pötzsch. Man habe das Gefühl, das die S4 stiefmütterlich behandelt werde, erklärte der Sprecher der Bürgerinitiative und Verkehrsreferent im Brucker Stadtrat aus den Reihen der SPD. Auch Landrat Karmasin äußerte seinen Unmut. „Mir ist es zu wenig, was da passiert“, sagte er. Die Verzögerung sei vielleicht darauf zurückzuführen ist, dass der Verkehrsbereich im bayerischen Kabinett einem anderen Ressort zugeschlagen wurde. Der Landrat weicht nun von der Linie der CSU ab, wonach erst ein zweiter S-Bahntunnel in München gebaut werden muss, bevor die S4 ausgebaut wird. Diese Position vertreten die Staatsregierung und die SPD bislang. In der Bürgerinitiative sorgte diese Verknüpfung regelmäßig für Zoff zwischen Sozialdemokraten und Grünen. Nun sagte Karmasin der SZ, man müsse auch planen, wie der Ausbau ohne zweite Röhre zu machen sei. Auch Pötzsch kritisiert, dass die neue Staatsregierung den Ausbau der S4 als nachrangig hinter dem Tunnel auffasse. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, betonte der Verkehrsreferent.

Sowohl der Landrat als auch die Bürgerinitiative wollen mit dem Innenminister reden. Karmasin will insbesondere auch das Thema Express-S-Bahnen ansprechen. Einen Vorschlag von Kreistag, Landrat und Bürgermeistern, das Angebot auf der S4 mit insgesamt 40 Fahrten zwischen Bruck und Hauptbahnhof zu verbessern, hatten Zeil und die Bahn AG abgelehnt mit Verweis auf fehlende Kapazitäten zwischen Pasing und Hauptbahnhof. Grund sind Verbesserungen für das Angebot im Oberland nach dem jüngsten Fahrplanwechsel. „Ich werde das Thema Sprinter weiterverfolgen“, kündigte Karmasin an. Das Sprinter-Gutachten, auf das sich der Landkreis stützte, wird derzeit aktualisiert.

Die Bürgerinitiative hat sich vergangene Woche in einem Brief an den Minister gewandt und um ein Gespräch im Januar gebeten. Ein Termin stehe jedoch noch nicht fest, sagte der Sprecher des Ministeriums. In dem Schreiben wird kritisiert, dass der „seit langem versprochene Ausbau des ökologischsten Verkehrssystems“, der Schiene, stagniere, während im Straßenbau allerlei Maßnahmen verwirklicht würden. Beklagt wird, dass im Wirtschaftsministerium die Mitarbeit von Kommunalpolitikern und Bürgern „eher als lästige Einmischung“ verstanden werde.

Pötzsch sagte, die Bürgerinitiative hoffe auf eine bessere Zusammenarbeit mit dem Innenminister. Bereits jetzt seien Staus auf Autobahnen und Zubringern nach München alltäglich, dabei würden noch mehr Menschen in den Großraum ziehen. „Wir steuern auf einen Kollaps der Bahn zu“, so der BI-Sprecher.Kommentar


(SZ vom 20.12.2013)