Fürstenfeldbruck - Seit 20 Jahren warten die Pendler zwischen Puchheim und Fürstenfeldbruck auf den versprochenen viergleisigen Ausbau der S-Bahnlinie 4. Kriegen werden sie demnächst bloß eine zusätzliche S-Bahn im morgendlichen Berufsverkehr ab Buchenau um 8.03Uhr, die am Hauptbahnhof endet. Einen Hinweis darauf, wie trostlos die Lage ist, offenbart der aktuelle Verbundbericht des MVV. Trotz heißer Wahlkampfphase verkneifen sich die Politiker darin selbst ein noch so klitzekleines Versprechen.
Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) preist die tolle U-Bahn und lobt, dass die Stadt für den umstrittenen zweiten S-Bahn-Tunnel mit 113 Millionen Euro mehr Geld springen lässt als jemals zuvor eine bayerische Kommune für ein staatliches Verkehrsprojekt. Auch der bayerische Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) verweist auf die Röhre. 'Mit Taktverdichtungen und Express-S-Bahnen kann der steigenden Nachfrage im Schienenpersonenverkehr auch künftig bestmöglich Rechnung getragen werden. Es kommt jetzt darauf an, gemeinsam die Weichen für die notwendigen Maßnahmen zu stellen', heißt es weiter. Tatsächlich hat Zeil dafür gesorgt, dass der Landkreis mit seinem Vorschlag, im Berufsverkehr mehr Express-Züge einzusetzen, auf dem Abstellgleis rangiert.
Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU) scheint sein Manuskript abgeliefert zu haben, bevor dafür die Weiche gestellt wurde. Er freut sich darüber, dass 2012 'der Durchbruch bei den Verhandlungen zur Finanzierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke' gelungen sei, was bedeutet, dass die Finanzierung nach wie vor unklar ist. Bis dieses Großprojekt vollendet wird, könnten Sprinterzüge auf der S4 eine intelligente und attraktive Ergänzung und Übergangsmaßnahme sein, schreibt der Landrat.
Der Konjunktiv ist weise gewählt, wie sich Karmasin als Sprecher der Landräte im MVV-Verbund überhaupt einer diplomatischen Sprache befleißigt. Das suggeriert Problembewusstsein und ist völlig unverbindlich. Weder wird die Staatsregierung kritisiert, die auf der S4 nichts voranbringt, noch werden die Pendler vor den Kopf gestoßen. 'Selbstverständlich ist es sinnvoll, Baumaßnahmen wie den Ausbau des Westkopfs Pasing und der lange vernachlässigten S-4-Strecke mit den Planungen der zweiten Stammstrecke abzustimmen', schrieb Karmasin 2010 in seinem Geleitwort zum MVV-Bericht. Wer wollte da widersprechen.
Er thematisierte 'Befürchtungen', dass 'andere Ausbauprojekte oder notwendige Fahrplanerweiterungen verzögert oder sogar blockiert werden könnten.' Indirekt reagierte Karmasin damit auf jene, die kritisieren, dass keiner wisse, wann die Röhre überhaupt kommt, dass darin so viel Geld verbuddelt würde, dass für die Region nichts bliebe und die Brucker Pendler somit auf den Sankt Nimmerleinstag vertröstet werden. Ein typischer Baustein jener verschleiernden Bürokratensprache, wie sie Zeil und Karmasin verwenden, sind Floskeln wie 'notwendig', denn eine nicht notwendige, also überflüssige Fahrplanerweiterung oder eine Weichenstellung für überflüssige Maßnahmen fordert ja niemand.
Im Verbundbericht des Jahres 2011 schrieb Karmasin gar nichts mehr über das Bahnprojekt, das für seine Wähler im Landkreis das wichtigste überhaupt ist, sondern schwenkte auf die Linie der Staatsregierung ein: 'Umso bedeutender ist eine rasche Umsetzung des Projekts zum Bau einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke, von der auch zahlreiche weitere Schienenprojekte des Umlands abhängen.'
Nicht fehlen darf in jedem Statement der Verweis auf allerlei Planungen, weil das Hoffnungen weckt. 'Für den Ausbau der Strecke von Pasing bis Eichenau wurde vor zwei Jahren die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen. 2012 sind wichtige Infrastrukturplanungen mit dem Ziel der Kostenreduzierung durchgeführt worden', erfährt der geneigte Leser im aktuellen MVV-Bericht auf Seite49. Na also, es geht voran. peter bierl
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