Die Pendler auf der S4, dem am stärksten benutzten Ast des MVV im Münchner Westen, bekommen keine Expresszüge, weder im Berufsverkehr noch tagsüber. Gerade mal einen Zug mehr am Morgen, und das erst Ende 2014, stellt man ihnen in Aussicht. Mehr sei ohne zweiten S-Bahn-Tunnel nicht drin, behaupten Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und Landrat Thomas Karmasin (CSU). Die Pendler werden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet, denn keiner weiß, wie das Mammutprojekt bezahlt werden soll und wann es je verwirklicht wird. Diese Röhre zementiert die anfällige zentralistische Struktur der S-Bahn, statt ein modernes verzweigtes Netz aufzubauen. Und würde der Tunnel je gebaut, wären so viele Milliarden verbuddelt, dass nichts bliebe für dringend notwendige Verbesserungen im MVV, etwa am Ostbahnhof, einem weiteren Engpass, der viele Störungen verursacht, oder gar einen Ausbau der S4.
Schon die Argumentation von Zeil und Karmasin ist widersprüchlich. Sie verweisen abstrakt auf den umstrittenen Tunnel, konkret aber schreiben sie, von Engpässen zwischen Bruck und Pasing, sowie Pasing und München, weil mehr Regionalzüge aus dem Werdenfelser Land und dem Oberland kommen und der Fahrplan des Regionalverkehrs aus dem Allgäu sich ändert. Vom Tunnel ist zurecht keine Rede, weil keiner dieser Züge durch die S-Bahn-Röhre muss.
Die Begründung von Minister und Landrat verweist auf das zentrale Defizit. Das gesamte Münchner S-Bahn-System krankt daran, dass es seit 40Jahren nicht weiter ausgebaut wird - für Autobahnen wäre ein solches Versäumnis unvorstellbar. Das trifft auch die Pendler auf der S4, denn der große Engpass der Linie liegt vor Pasing, wo auf 600Metern der gesamte Regional-, Fern- Güter- und S-Bahn-Verkehr mit nur zwei Gleisen auskommen muss. Überraschend ist, dass die Pendler, die Jahr und Tag wie Sardinen eingepfercht in unpünktlichen Zügen zur Arbeit fahren, nicht einmal in Wahlkampfzeiten mit ein paar Expresszügen bedacht werden. Es zeigt, wie wenig sich Karmasin, der ja Chauffeur und Dienstwagen hat, ins Zeug legt. Dass er den Pendlern rät, sich mit dem zu bescheiden, was der Herr Minister zugesteht, ist ein Armutszeugnis.
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