Die Idee, auf der S4 im Berufsverkehr Expresszüge einzusetzen, hat in der Tat den Charme der einfachen Lösung. Relativ einfach und günstig ließe sich für einen großen Teil der Pendler das Angebot sofort verbessern. Trotzdem wird maximaler politischer Druck notwendig sein, um den Vorschlag durchzusetzen, denn es geht keineswegs bloß um technische Machbarkeiten und Geld, sondern um die Fixierung von Parteiführungen und Bahn AG auf Großprojekte, die geradezu manisch-obsessiv wirkt.
Schon vor Jahren hat das Büro Vieregg & Rößler, damals im Auftrag der Bürgermeister, Alternativen zum viergleisigen Ausbau entwickelt, die vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und der Bahn AG allesamt verworfen wurden, zugunsten des Mammutprojekts eines zweiten Tunnels in München. Diese politische Vorgabe haben CSU, SPD und FDP stets mitgetragen. Die erste Reaktion aus dem FDP-geführten bayerischen Ministerium blieb dieser Linie treu.
Vielleicht ist diesmal ja alles ganz anders. Vielleicht hat Karmasin sich hinter den Kulissen längst die Zusicherung der Staatsregierung oder seiner Parteioberen in München gesichert. Dann könnte er im Dezember im Kommunalwahlkampf mit den Sprintern punkten. Es wäre ihm zu gönnen, schon weil es ein Präzedenzfall wäre: Erstmals würde eine konkrete Verbesserung erzielt und das Dogma, ohne zweiten Tunnel ginge nichts, durchbrochen.
An der Studie kann man bemängeln, dass die Elektrifizierung der Strecke Geltendorf-Lindau nicht einbezogen wird. Wenn mehr Züge aus der Schweiz und dem Allgäu kommen, wird es für die Sprinter eng. Allerdings verstehen die beiden Gutachter die Expresszüge als Übergangslösung für zehn Jahre und auch in Sachen Elektrifizierung ist Minister Martin Zeil (FDP) bisher über Ankündigungen kaum hinausgekommen.
|