Technisch möglich, politisch nicht

Zwei Gutachter halten den Einsatz von Sprinterzügen auf der Linie S4 für machbar. Doch das Ministerium winkt ab

Fürstenfeldbruck - Sprinterzüge im Berufsverkehr auf der Linie S4 wären technisch möglich. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, das der Landkreis Fürstenfeldbruck in Auftrag gegeben hat. Die Expresszüge würden an größeren Stationen halten und ab Pasing zum Starnberger Flügelbahnhof durchfahren. 'Wir müssten prüfen, ob Kapazitäten frei sind', sagte Bahn-Sprecher Bernd Honerkamp dazu. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie lehnte die Sprinter am Dienstag dagegen rundweg ab: Ohne einen zweiten S-Bahn-Tunnel in München und einen Ausbau der Strecke Pasing-Eichenau seien Express-Züge 'nicht möglich'.

Das Gutachten, das der Fahrzeugtechniker Karl-Dieter Bodack aus Gröbenzell sowie der Verkehrsexperte Karlheinz Rößler aus München angefertigt haben, ist zwar noch nicht fertig, Landrat Thomas Karmasin (CSU) will es erst am Montag auf einer Pressekonferenz vorstellen. Der ÖPNV-Beauftragte der Kreisbehörde, Hermann Seifert, kennt aber schon das Ergebnis und freut sich: 'Bisher hieß es immer, das geht nicht aus technischen Gründen. Dieser Einwand ist aus dem Weg geräumt', sagte Seifert der SZ.

Laut der Studie könnten ausrangierte Züge der Baureihe ET 420 aus Stuttgart auf der S4 eingesetzt werden. Die Sprinter könnten in Bruck starten, in Eichenau, Puchheim und Pasing stoppen und dann ohne weiteren Halt zum Hauptbahnhof durchfahren. Sie würden Zeit sparen und zugleich den Berufsverkehr entlasten. Die Idee entstand, um bereits vor dem Bau des umstrittenen zweiten Tunnels in München und den seit Jahrzehnten versprochenen Ausbau der Linie S4 eine Verbesserung für die Pendler zu erreichen. Wie viele Sprinter wann eingesetzt werden könnten, mochte Seifert jedoch vor der Pressekonferenz nicht verraten, angeblich sollen es mehr als zehn pro Tag sein. 'Ich weiß, was in dem Papier stehen wird, aber es steht noch nicht drin', sagte er am Dienstag. Für den ÖPNV-Experten, der seit Jahren den Busverkehr im Landkreis koordiniert, steht jedoch fest, dass es bloß am mangelnden Willen fehlt, wenn nun wieder nichts passiert.

Der Sprecher der Bahn betonte, dass es zwar unmöglich sei, weitere Züge auf der Stammstrecke einzufädeln. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass Sprinter eingesetzt werden, vorausgesetzt, dass diese ab Pasing weder S-Bahn-Gleise benutzen, noch an S-Bahn-Stationen wie Laim oder Hackerbrücke halten. Möglich wäre auch, dass Sprinter ab Pasing über die Sendlinger Spange in den Münchner Süden fahren, sagte Honerkamp. Die 'Flottenerweiterung', also die Anschaffung von weiteren Zügen, sei ohnehin ein Thema, weil neue Garnituren für den Abschnitt Dachau-Altomünster gebraucht würden, der elektrifiziert wird.'Wir müssen sehen, ob auf den Schienen des Fern- und Regionalverkehrs noch Platz frei ist und die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) müsste diese Expresszüge bestellen', sagte der Pressesprecher der Deutschen Bahn AG. Die BEG ist das Instrument des Wirtschaftsministeriums, und das erteilte der Idee am Dienstag schon eine Absage. 'Mit den Verbesserungen seit Dezember 2011 auf der S4 steht den Fahrgästen ein größeres Platzangebot zur Verfügung', erklärte eine Sprecherin. 'Die Richtwerte wurden stets eingehalten.'

Für weitere Verbesserungen sei die zweite Röhre und der Ausbau zwischen Pasing und Eichenau notwendig: 'Aus Sicht des Freistaates sind Express-S-Bahnen / Sprinter-Züge ohne zusätzliche Infrastruktur nicht darstellbar. Falls neue Überlegungen hierzu existieren sollten, würden diese vom Freistaat und der DB AG natürlich geprüft werden.'

Dafür stellt die bayerische Staatsregierung sieben Monate vor der Landtagswahl Geld für den behindertengerechten Ausbau des Bahnhofs Buchenau in Aussicht. Nach Angaben des Gröbenzeller CSU-Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet hat die Staatsregierung die Station im Fürstenfeldbrucker Westen in ein neues Programm zum barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen aufgenommen. Bis 2018 sollen 13 S-Bahn-Stationen im Raum München und Nürnberg umgebaut werden, dafür sind 60 Millionen Euro vorgesehen. Das sei eine freiwillige Leistung, denn die Verantwortung für die Bahnhöfe liege beim Bund, betonte Bocklet.

Der S-Bahnhof Puchheim ist in dem neuen Programm allerdings nicht aufgeführt, weil dort der geplante viergleisige Ausbau der Bahnstrecke Voraussetzung für einen barrierefreien Umbau ist. Stattdessen hat der Freistaat der Stadt Puchheim bereits im vergangenen Jahr zugesagt, die Hälfte der Kosten für einen provisorischen behindertengerechten Bahnsteig zu übernehmen. Peter Bierl