Zeil prescht mit Bahn-Gutachten vor Die CSU zieht sich aus der überparteilichen Bürgerinitiative zurück.

Minister kennt Ergebnis der Nutzen-Kosten-Analyse zum Ausbau der S4 schon Monate vor deren Fertigstellung

Von Peter Bierl

Fürstenfeldbruck - Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hat das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Analyse für den viergleisigen Ausbau der S4 vor Weihnachten mit dem Faktor 1,04 angegeben, obwohl das Gutachten selbst noch gar nicht fertig ist. Das hat eine SZ-Nachfrage im Ministerium ergeben. Eine Sprecherin begründete das damit, dass 'für diese Zahl alle Daten ermittelt sind'. Unterdessen wurde bekannt, dass sich die Brucker CSU aus der Bürgerinitiative 'S4-Ausbau jetzt' zurückzieht. CSU-Landtagsabgeordneter Reinhold Bocklet rügte sie als von SPD und Grünen beherrscht.


Am 23. Dezember hatte Zeil mitteilen lassen, dass die Arbeiten für die Kosten-Nutzen-Untersuchung 'fristgerecht' abgeschlossen wurden; vor gut einem Jahr hatte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) noch erklärt, diese Studie würde bis Mitte 2011 vorliegen. Den Nutzen-Kosten-Faktor gab Zeil mit 1,04 (knapp positiv) an, er sei jedoch wegen des frühen Planungsstands 'noch mit Risiken behaftet'. Den Bau der zweiten Stammstrecke in München, deren Finanzierung völlig ungeklärt ist, habe man vorausgesetzt, weil nur so der 'volle verkehrliche Nutzen eines Streckenausbaus' zu verwirklichen sei, so Zeil.


Als die SZ am Montag das Ministerium bat, die Untersuchung als Grundlage der ermittelten Zahl zur Verfügung zu stellen, hieß es jedoch, das Gutachten werde 'voraussichtlich im März 2012 zugänglich gemacht'. Den Umstand, dass das Ergebnis einer Studie vorliegt, obwohl diese noch nicht fertig ist, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums so, dass alle für den Nutzen-Kosten-Faktor relevanten Daten bereits 'abschließend' ermittelt seien. 'Die Gutachter arbeiten jetzt an einem umfangreichen Abschlussbericht, mit allen anderen Parametern, die nicht in die Zahl eingearbeitet werden', sagte sie.


Vertreter der Bürgerinitiative kritisierten diesen erneuten Bruch von versprochenen Terminen. Weil Zeil erklärt hatte, das Gutachten werde bis Ende 2011 vorliegen, bereitet die BI seit Oktober eine Podiumsdiskussion für den 26.Januar über dessen Ergebnis vor. Zugesagt haben bereits ein Vertreter des Ministeriums sowie die Landtagsabgeordneten Martin Runge (Grüne) und Kathrin Sonnenholzner (SPD). Die CSU mag sich der Debatte jedoch nicht stellen. Der Abgeordnete Thomas Goppel weilt beim Neujahrsempfang seiner Partei in Windach und Bocklet sagte der SZ: 'Das ist eine Parteiveranstaltung von SPD und Grünen, ich sehe keine Veranlassung, da hinzugehen.' Im übrigen liege das Gutachten ja 'noch gar nicht vollständig vor'.


Auf Nachfrage sagte Bocklet der SZ, dass Hans Schilling, Brucks Zweiter Bürgermeister, aus der BI ausgetreten sei. Doch das ist falsch. 'Ich bin kurz davor, ich werde mich zurückziehen', sagte Schilling am Dienstag. Am Montagabend hatte der Kommunalpolitiker, der die Brucker CSU bislang in dem überparteilichen Bündnis vertritt, noch an einer BI-Sitzung teilgenommen. Der Grund für seinen Ausstieg ist nicht eine angebliche Dominanz von SPD und Grünen. Vielmehr habe die Bürgerinitiative 'einen guten Job gemacht', allerdings sei nun die Arbeit mit der Unterschriftensammlung erledigt. Zur geplanten Podiumsdiskussion, die Schilling mit vorbereitet hat, äußert sich der Zweite Bürgermeister nicht mehr. (Kommentar)


(SZ vom 18.01.2012)