Zehn-Minuten-Takt nicht vorgesehen

Selbst mit zweiter Stammstrecke und zusätzlichen Gleisen würde auf der S4 der Standard anderer Linien nicht erreicht

Fürstenfeldbruck - Sowohl die zweite S-Bahn-Röhre in München als auch der abgespeckte vierspurige Ausbau der S 4 bis Eichenau stehen in den Sternen. Sollten beide Projekte verwirklicht werden, bekämen die Pendler immer noch keinen Zehn-Minutentakt, wie er auf anderen Linien in der Hauptverkehrszeit bereits besteht. Der Tunnel brächte einen ganztägigen 15-Minutentakt bis Buchenau, der Gleisausbau Expresszüge ab Geltendorf, erklärt Frank Kutzner, Bahn-Experte im bayerischen Verkehrsministerium.

Vor einiger Zeit hatte der Eisenbahn-Ingenieur Stefan Baumgartner die Frage aufgeworfen, was passieren würde, wenn die S 4 bloß bis Eichenau oder Pasing ausgebaut würde und nicht bis Buchenau, wie ursprünglich versprochen. In Eichenau fehle ein Wendegleis, in Puchheim würde der Betrieb instabiler, weil ein Überholgleis für Regionalzüge durch wendende S-Bahnen belegt wäre. Baumgartner leitete daraus ab, dass die von ihm vorgeschlagene Bahn-Spange zwischen Eichenau und Gröbenzell effektiver wäre: S-Bahn und übriger Verkehr wären getrennt und ein Zehn-Minuten-Takt möglich.

Kutzner und der Verkehrsreferent der Stadt Fürstenfeldbruck, Mirko Pötzsch (SPD), widersprechen Baumgartner zum Teil. Beide betonen, dass ein viergleisiger Ausbau bis Eichenau oder Puchheim nicht bedeutet, dass dort S-Bahnen wenden müssen. 'Alle S-Bahnen fahren nach Buchenau, zwischen Pasing und Eichenau könnte der Regionalverkehr auf eigenen Gleisen überholen, danach müssen die Züge wieder hintereinander fahren', beschreibt Kutzner den Effekt des Ausbaus. Pötzsch verweist auf eine Studie des Verkehrsministeriums von 2010, die ebenfalls Baumgartners Annahme widerspricht. 'Ein Ausbau bis Eichenau ist nicht gleich neuer Fahrplan bis Eichenau. Es macht ja keinen Sinn, die Kreisstadt abzuhängen', sagt Pötzsch.

Allerdings macht die Studie ebenso wie Kutzners Aussagen den Pendlern wenig Freude, denn ein Zehn-Minuten-Takt ist nicht einmal vorgesehen, wenn beide Großprojekte verwirklicht würden. Der zweite Tunnel brächte laut Kutzner einen ganztägigen 15-Minuten-Takt bis Buchenau sowie im Berufsverkehr bis Geltendorf. Außerhalb des Berufsverkehrs würde nur alle halbe Stunde eine Bahn von und nach Geltendorf fahren. Heute gilt ein 20-Minutentakt in und ein 40-Minutentakt außerhalb der Hauptverkehrszeit. Der viergleisige Ausbau würde Kapazitäten für Expresszüge ab Geltendorf alle halbe Stunde in den Haupt- und Nebenverkehrszeiten schaffen. Rein rechnerisch hätte man damit einen Zehn-Minutentakt, insofern als außer in den Nachtstunden je sechs Züge je Richtung an jedem Bahnhof vorbeifahren. Allerdings würden die Expresszüge ab Fürstenfeldbruck bis zum Hauptbahnhof durchfahren, was Pendler aus dem ländlicheren Westen des Landkreises freuen würde, während Fahrgäste in Eichenau und Puchheim diesen Zügen bloß hinterher schauen könnten.

Für den zweiten Tunnel in München fehlt das Geld, den viergleisigen Ausbau will die Staatsregierung erst nach Fertigstellung der zweiten Röhre anpacken. Einen Plan Bohne zweiten Tunnel gibt es nicht, wie Kutzner und Hans Peter Göttler, Leiter der Abteilung Verkehr im Ministerium, der SZ im August versicherten. Immerhin ist die Kosten-Nutzen-Analyse, die Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Bürgermeistern für Sommer 2011 versprochen hatte, inzwischen laut Kutzner 'in Arbeit'. bip

(SZ vom 08.11.2011)