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JugendZeit-Haus Marthashofen – Kompetenzen für die Zukunft

zeitgemäße Orientierungshilfen für junge Menschen

Diese Initiative wird von Stiftungen und Banken im Landkreis, sowie von der Agenda21 unterstützt. Sie kümmert sich um Jugendliche, deren Übergang von der Schule in die Arbeitswelt nicht reibungslos verläuft. Nach der Schule, nach der Krise, während der Orientierungsphase oder zum Einstieg, können sich Jugendliche und junge Erwachsene bei "Kompetenzen für die Zukunft" ein Jahr lang auf die Lebens- und Arbeitswelt vorbereiten. Sie besuchen eine Praktikumsstelle, haben Unterricht zur Vorbereitung auf den erfolgreichen oder qualifizierenden Hauptschulabschluss, erhalten Hilfen zur Berufsorientierung, Bewerbungstraining und werden unterstützt bei der Lehrstellensuche. (weitere Information: http://www.jugendzeit-haus.de )

Interview mit SchülerInnen des JugendzeitHauses in Marthashofen

Die SchülerInnen sind zwischen 16 und 21 Jahre alt und haben zum Teil keinen Schulabschluss.

 Grüne Seiten: Wie kam es so weit, dass ihr keinen Schulabschluss habt?

V: Ich bin gleich in der ersten Klasse durchgefallen.

Grüne Seiten: Wie ist das passiert?

V: Ich war da erst sehr kurz in Deutschland und konnte die Sprache nicht. Dann wollten sie mich in die Förderschule stecken, weil meine Schwester behindert ist und sie dachten, das muss bei mir auch so sein. Ich musste dann einen Test machen und da wurde festgestellt, dass ich ganz gesund bin. Dann ging es so weit ganz gut, bis zur Fünften. Da haben sich meine Eltern viel gestritten und dann auch getrennt. Irgendwie hat mich das alles dann angekotzt und ich hab mir nichts mehr gefallen lassen. Ich hab mich auch mit den Lehrern angelegt. Je weniger die Erwachsenen mich verstanden haben, desto rebellischer bin ich geworden. In der Achten hab ich dann einfach abgebrochen.

N: Ich hatte auch immer Ärger mit den Lehrern.

Grüne Seiten: In welcher Schule warst Du?

N: In der Schule West. Da hatten wir eine Lehrerin die hat sich immer ein paar rausgepickt, die sie nicht mochte und die hat sie dann systematisch fertig gemacht. Das war richtiges Mobbing von der. Das war von der siebten bis neunten Klasse. Da hab ich dann einfach keine Lust mehr gehabt und bin von der Schule gegangen. Mit meiner Stiefmutter hatte ich auch nur Probleme das hat mich auch nicht weiter gebracht.

A: Mit meinen Eltern gab‘s auch immer Stress. Die haben mich mit zwölf rausgeschmissen.

Grüne Seiten: Wie rausgeschmissen?

A: Ja, rausgeschmissen halt. Ich hab dann auf der Straße gelebt.

Grüne Seiten: Wie lang?

A: Zwei Jahre.

Grüne Seiten: Und dann?

A: Dann hat mich die Polizei gefunden und sie wollten mich ins Heim stecken. Meine Eltern haben mich dann aber wieder bei ihnen wohnen lassen.

Grüne Seiten: Da bist Du dann auch wieder in die Schule?

A: Ja schon, aber ich wurde immer ausgegrenzt und angefeindet von den Anderen. Und dann war ich ja auch in der Psychiatrie, in der Geschlossenen, weil ich nicht mehr leben wollte und ich lag da dann drei Monate im Koma.

Grüne Seiten: Hattest du dann in der Psychiatrie Unterricht?

A: Nein, die haben da keine Schule. Da hat mich jeden Tag die Polizei abgeholt und in die Schule gebracht. Der Polizist ist dann während des Unterrichts neben mir gesessen  und nach dem Unterricht hat er mich wieder in die Klinik gefahren.

Grüne Seiten: Wie hast Du das überhaupt geschafft Deinen Hauptschulabschluss zu machen?

A: Irgendwann war mir klar, dass ich einen Abschluss brauch um überhaupt weiter zu kommen. Ich hab halt dann gelernt und hab‘s dann auch geschafft. Und hier im JugendzeitHaus möcht ich noch meinen Quali machen und eine Lehrstelle finden.

T: Ich war ja sogar einmal auf dem Gymnasium und hab jetzt gar keinen Abschluss.

Grüne Seiten: Wie ist denn das passiert?

T: Erst musste ich vom Gymnasium, weil ich es in Latein nicht geschafft hab. Da bin ich auf die Realschule gewechselt. Ich hatte dann einen Unfall und dadurch viele Fehlzeiten. Irgendwann hab ich den Unterrichtsstoff nicht mehr nachholen können und dann bin ich auf die Hauptschule.

Grüne Seiten: Ging es Dir dann besser im Unterricht?

T: Nein, das ging schon so blöd an, dass ich am ersten Schultag zu spät gekommen bin. Irgendwie hat mich die Lehrerin nicht gemocht. Bei meinen Eltern hat sie immer so getan als wenn sie mich unterstützen würde, aber zu mir war sie dann ganz anders. Da hab ich dann angefangen die Schule zu schwänzen und dann hab ich ganz abgebrochen, es hat einfach keinen Spaß gemacht.

M: Ich war auch schon auf dem Gymnasium.

Grüne Seiten: Was ist bei Dir alles passiert?

M: Wir sind jedes Jahr umgezogen und immer wenn ich gerade Freunde gefunden hätte sind wir wieder weg gezogen. Ich war dann auch sehr auf mich gestellt und musste mich noch um meine Geschwister kümmern.

Grüne Seiten: Ja und Deine Eltern?

M: Ach, die waren immer viel unterwegs.

Grüne Seiten:  Wie ging Dein Weg dann weiter?

M: Ich hab dann angefangen, die Schuld an meinem Scheitern bei mir zu suchen und wurde immer depressiver. Ich saß irgendwann bloß noch am Computer und hab mich völlig verschlossen vor der Außenwelt.

Grüne Seiten:  Hat denn das in der Schule niemand bemerkt, dass Du Dich immer mehr verschließt?

M: Nein, ich war ja immer ganz ruhig und da fällt man nicht auf.

Grüne Seiten:  Durch Deine Computerei hast Du dann auch den Unterricht vernachlässigt oder?

M: Ja, natürlich. Ich bin dann auch zu meinem leiblichen Vater gezogen, das war aber    wieder eine große Umstellung und musste dann das Gymnasium verlassen. In der Realschule war es anfangs recht leicht und ich hab nicht extra was gemacht für die Schule. In der Achten bin ich dann auch dort gescheitert und ging auf die Hauptschule.

Grüne Seiten: Ging es Dir da immer noch so schlecht?

M: Ja schon, aber bei 35 Schülern fällt das keinem auf, wenn einer nicht gut drauf ist, die nehmen nur ihren Stoff durch, alles andere ist ihnen wurscht.

Grüne Seiten:  Wie hast Du dann Deinen Schulabschluss doch noch geschafft?

M: Ich hab irgendwann festgestellt, dass ich mir selbst helfen muss, wenn ich aus dem Loch wieder raus will und hab halt für die Prüfung gelernt. Ich hab mich nicht so schwer getan und es hat dann sogar zum Quali gereicht.

Grüne Seiten:  Wie bist Du dann ins JugendzeitHaus gekommen?

M: Die Dame von der ARGE hat mir das angeboten und ich möchte hier wieder ins Leben kommen und den Sprung in eine Wirtschaftsschule schaffen.

Grüne Seiten:  K, Du hast ja schon einen Hauptschulabschluss. Gab es bei Dir weniger Probleme in der Schule?

K: Eigentlich nicht. Ich hab in der Grundschule viel gepennt im Unterricht.

Grüne Seiten: Wieso hast Du gepennt. Warst Du nicht ausgeschlafen?

K: Doch eigentlich schon, aber das war irgendwie alles so langweilig. In der Hauptschule war‘s auch nicht viel besser. Die Lehrer haben immer gelabert und das war so uninteressant und langweilig.

Grüne Seiten:  Ja, und Deine Eltern, haben die das nicht gemerkt und Dir geholfen bei Deinen            Schulproblemen?

K: Meine Eltern haben selbst viele Probleme gehabt. Die haben sich viel gestritten und wir haben dann einen Familienberater bekommen. Das war ganz gut und als ich dann die achte Klasse wiederholen musste, hatte ich auch einen anderen Lehrer der viel besser auf die Schüler eingegangen ist. Die Schule hat meiner Mutter dann auch gesagt, wenn sie sich nicht von meinem Vater trennt flieg ich von der Schule. Das war aber schon gut, dass sich meine Eltern getrennt haben, irgendwie ist es dann ruhiger geworden und ich hab nochmal angezogen für die Prüfung. Jetzt schau ich, dass ich den Quali schaff und eine Lehrstelle finde.

Grüne Seiten:  Ich danke Euch ganz herzlich für Eure  sehr offenen Antworten auf meine Fragen und wünsche Euch ganz viel Erfolg in diesem Schuljahr im JugendzeitHaus.

Das Interview führte Helma Dreher die im JugendzeitHaus als Lehrerin arbeitet. Die SchülerInnen bleiben anonym um ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren.