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Information für alle, die eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken fordern:

Störfälle in deutschen Atomanlagen

7. Dezember 1975 - Greifswald

Durch einen Kurzschluss auf der Primärseite des Block-Trafos des Blocks 1 brach ein Kabelbrand aus.. Eine Kernschmelze hätte drohen können, da Reaktor 1 nicht mehr richtig gekühlt werden konnte. Das Feuer konnte jedoch durch die Betriebsfeuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht und die Stromversorgung der Pumpen provisorisch wieder hergestellt werden.

13. Januar 1977 - Gundremmingen

In Block A kam es zum Großunfall mit Totalschaden. Bei kaltem und feuchtem Wetter traten an zwei stromabführenden Hochspannungsleitungen Kurzschlüsse auf. Bei der dadurch eingeleiteten Schnellabschaltung kam es zu Fehlsteuerungen. Nach ca. zehn Minuten stand im Reaktorgebäude das radioaktive Wasser etwa drei Meter hoch und die Temperatur war auf rund 80 Grad Celsius angestiegen.

18. Juni 1978 - Brunsbüttel

2 Jahre nach Inbetriebnahme traten durch einen Abriss eines Blindstutzens 2 Tonnen radioaktiver Dampf in die Atmosphäre aus. Trotzdem lief der Reaktor noch über zwei Stunden weiter - die Betriebsmannschaft hatte das automatische Sicherheitssystem manipuliert, um die Anlage am Netz zu halten. Das AKW stand daraufhin mehr als zwei Jahre still.

4. Mai 1986 - Hamm-Uentrop

Im THTR-300 Hamm-Uentrop kam es aufgrund von konstruktionsbedingten Bedienungsfehlern zum Austritt von radioaktiven Aerosolen, schätzungsweise 90 MBq. Zerbrochene Kugelbrennelemente verstopften Rohre der Beschickungsanlage, und man versuchte, sie mit hohem Gasdruck frei zu blasen. Das Ergebnis war eine offene Gasschleuse, durch die radioaktives Helium freigesetzt wurde. Weitere Versuche hatten zur Folge, dass sämtliche verklemmte Kugeln zerbrachen und Teile der Anlage verbogen wurden. Der Reaktor musste abgeschaltet werden. Die Betreibergesellschaft versuchte den Störfall zu vertuschen. Erst durch anonyme Hinweise von Mitarbeitern konnte dieser Störfall nachgewiesen werden. Der Reaktor wurde nach dem Störfall nicht wieder in Betrieb genommen. Laut einem Gutachten der KWU sei eine Verbesserung der Sicherheit nicht zu erreichen. Am 1. September 1989 wurde die Stilllegung des THTR-300 beschlossen. Der Reaktor wurde 1997 in den sicheren Einschluss überführt und verursacht weiter Kosten in Höhe von 6,5 Mio € jährlich. Er enthält noch ca. 390 Tonnen radioaktive Anlagenbauteile. Frühestens 2027, nach Abklingen der Radioaktivität, könnte er endgültig abgerissen werden.

16. Dezember 1987 - Biblis

Beim Anfahren des Reaktors klemmte ein Ventil und blieb offen. Erst nach 15 Stunden interpretierte das Betriebspersonal die aufleuchtende Warnlampe richtig. Das Personal fuhr den Reaktor nicht sofort herunter, sondern öffnete ein zweites Entlastungsventil, um das verklemmte Ventil durchzuspülen. Das Ventil schloss nicht und 107 Liter radioaktives Kühlwasser liefen in den Ringraum. Das Sicherheitsventil schloss einige Sekunden später und sperrte die schadhafte Stelle ab. Der Vorfall hatte keine Auswirkung auf die Umgebung.

1997 - Garching bei München

In der örtlichen Kläranlage wurde 1997 eine Konzentration von radioaktivem Cobalt festgestellt, die sich bis 1998 um das Fünffache erhöhte. Als Quelle stellte sich im Rahmen einer Untersuchung das Zyklotron und die angeschlossenen Forschungseinrichtungen der TU München heraus. Bei einer Fehlbedienung am 7. Dezember 1998 kam es hier zu einer weiteren, auf Labor und Mitarbeiter sowie Angehörige begrenzten Freisetzung. Messungen des Landesamtes für Umweltschutz zeigten darüber hinaus und unabhängig davon Grenzwertüberschreitungen auch auf den umliegenden Flächen und im Abwassersystem. Betroffen waren auch Wohnungen von Mitarbeitern der Forschungsanlage, darunter des Strahlenschutzbeauftragten. Sie waren auch nach einer ersten Dekontamination noch kontaminiert. Es stellte sich heraus, dass Sicherheitsvorschriften fortgesetzt missachtet wurden. Notwendige Messgeräte funktionierten oft nicht oder waren nicht vorhanden, Reinigungsgerät wurde für Anlagenteile wie für Büros gleichermaßen genutzt, Wasch- und Abwasser auf Anordnung per Einleitung entsorgt.

August 2001 - Philippsburg

Im Kernkraftwerk Philippsburg übersah die Bedienmannschaft beim Anfahren von Block 2, dass das Notkühlsystem hinsichtlich der Borkonzentration teilweise nicht den Anforderungen des Betriebshandbuches entsprach. Nach zwei Wochen wurde der Fehler entdeckt. Die Betreibergesellschaft entschied, den Reaktor nicht abzuschalten, da die Borkonzentration in den Flutbehältern umgehend korrekt eingestellt wurde. Aufgrund dieser Vorkommnisse verloren der Kraftwerksleiter und zwei Vorstandsmitglieder des Betreibers ihre Posten. Eine akute Anlagenstörung lag nicht vor.

14. Dezember 2001 - Brunsbüttel

Im Kernkraftwerk Brunsbüttel kam es zu einem schweren Zwischenfall. Wie erst einige Monate später bekannt wurde, hatte sich eine Wasserstoffexplosion in direkter Nähe zum Reaktordruckbehälter ereignet. Die 10cm dicke Leitung des Deckelsprühsystems mit einer Wandstärke von 5,3-8mm riss dabei auf einer Länge von 2-3 Meter, dies hat allerdings keine sicherheitstechnische Bedeutung im Leistungsbetrieb. Der Betreiber HEW stufte den Vorfall zunächst nicht korrekt ein, so wurde er lediglich mit der Betitelung „spontane Dichtungsleckage“ an das zuständige Ministerium gemeldet. Erst nach zwei Monaten gelang es den Aufsichtsbehörden unter heftigem Streit mit dem Betreiber, die schadhafte Stelle bei abgeschaltetem Reaktor zu besichtigen, wobei das Ausmaß des Störfalles entdeckt wurde. Wäre der Reaktor gleich nach der Explosion vorschriftsmäßig abgeschaltet worden, hätte der Betreiber zu Beginn des Winters für mehrere Millionen Euro Ersatzstrom zukaufen müssen.

18. Februar 2004 - Biblis

Im Kernkraftwerk Biblis ereignete sich eine Störung, bei der nacheinander mindestens fünf der Stromversorgungssysteme ausfielen. Während eines Sturms gerieten zwei Hochspannungsleitungen in der Nähe des KKW aneinander und verursachten einen Kurzschluss. Daraufhin fiel im Kraftwerk ein Hauptnetzanschluss aus, kurz darauf der zweite. Der Reserveanschluss funktionierte ebenfalls nicht. Die Notstromversorgung von Block A und die Eigenbedarfsversorgung von Block B versagten. Somit bestand die Gefahr, dass die Steuerungs- und Sicherheitssysteme nicht mehr mit Energie versorgt werden konnten. Die ordnungsgemäß arbeitenden Notstrom-Dieselgeneratoren versorgten die sicherheitstechnisch wichtigen Systeme auslegungsgemäß.

27. Juli 2004 - Neckarwestheim

Im Kernkraftwerk Neckarwestheim ereignete sich ein Zwischenfall, bei dem ca. 2 MBq schwach kontaminiertes Wasser aus Block II unbemerkt in den Neckar geleitet wurden. Der Vorfall war radiologisch ohne Bedeutung, führte jedoch erstmals in der Bundesrepublik dazu, dass die Betreibergesellschaft eines Kernkraftwerks ein Ordnungsgeld (25.000 €) zahlen musste. Ein Geschäftsführer wurde entlassen.

Anmerkung:

Unfälle in Atomanlagen werden nach der sogenannten International Nuclear Event Scale (INES) in 7 Stufen bewertet. Die vorgenannten Störfälle betreffen Stufe 3 oder niedriger.

IAEO = Internationale Atomenergieorganisation