Das Märchen vom Bürgermeister, der den Spaten in die Hand nahm

 

 


Es war einmal ein wunderbar gelegenes Grundstück in einem oberbayerischen Ort ganz in  der Nähe der S-Bahn. Das Grundstück gehörte einer Bauersfamilie und weil leider in einer Silvesternacht  ihnen ihr Häuschen abgebrannt ist, be­schlossen sie dieses Mal nicht nur für sich alleine zu bauen, sondern wollten der Dorfgemeinschaft etwas Gutes tun und hatten mehrere Wohnparteien im Auge.

"Meistbietend verscherbeln, das kann jeder, Gegenden zersiedeln, ohne eine Idee zu verfolgen. Wir wollen etwas Neues, wir wollen ein Gemeinschaftspro­jekt", auf diese Idee kam die Bauersfamilie. Auch der Gemeinderat unterstützte die Bauersfamilie und stand mit Rat aus  der Agenda 21 zur Seite . Sogar der Bürgermeister witterte die Chance endlich auch in seinem Dorfe den Geist von Klimagipfeln aller Art in die Niederungen der Amperlandschaft kommen zu las­sen und sprach:  "Ei, hier haben wir ja die Möglichkeit etwas Zukunftweisendes zu gestalten, hier könnte ja gemeinsam geplant, gebaut, gelebt werden."  Und weil alle die Sonne liebten und davon immer mehr haben wollten, beschlossen sie mehrere Einfamilienhäuser nach der himmlischen Kraft auszurichten und ein ganz besonders schlauer Gemeinderat plädierte für Sonnenkollektoren auf sämtlichen Dächern. Und als einer erst einmal anfing, zukunftsfähige Ideen zu entwickeln, kamen die anderen alle nach: "Einen Schilfklärteich, damit das Wasser gleich von allen Häusern aufbereitet wird, brauchen wir noch!"  rief der erste. "Ein Blockheizkraftwerk!"  der nächste." Das ist nicht genug, schließlich wollen wir doch zeigen, wie man naturverträglich wohnt" und der älteste Ge­meinderat erinnerte sich noch daran, dass er früher viele Wege zu Fuß gemacht hat. "Zumuten will ich das den Familien dort nicht, aber wenn sie Ihre Autos in Carports unterhalb der Erde versenken, dann werden sie merken, wie schön es ist, sich einige sonnen-kollektorenbetriebene Autos zu teilen. Ja, sie werden damit abwechselnd zur nahegelegenen S-Bahn fahren und mit einer Chipkarte, die alle haben, werden sie sich die Autos zum Hin- und Zurückfahren teilen!" Jetzt konnte der Bürgermeister seine Freudentränen nicht mehr zurückhalten, so viele tolle Ideen kamen aus dem Gemeinderat. Er besann sich seiner ganzen Autorität, stellte sich vor die gewählten Volksvertreter und sprach: "Leute, das ist unsere Chance, das Bächlein drumrum lasst uns gleich statt der nächsten Gemeinderats­sitzung zu einem Biotop anlegen, das bringt doch viel mehr als immer nur lange Sitzungen, wo nichts so recht voran geht!" Und weil der Bürger-meister schon in der nächsten Woche statt der Schafkopfkarten den Spaten in die Hand nahm, und damit das Gemeinschaftsprojekt entscheidend unterstützte,  wurde aus einer beinahe völlig zersiedelten Gemeinde ein Dorfkern, mit dem man langsam an­fing sich zu identifizieren. Die Menschen aber verbrachten ihre Freizeit in ihren Gärten, ließen die Kinder auf dem dazugehörigen Spielplatz spielen, und hatten Mühe die Wirklichkeit vom Märchen zu unterscheiden.