Kommt nun die zweite S-Bahn-Stammstrecke? Oder doch nicht? Noch immer ist unklar, ob der Bund seinen Beitrag von einer Milliarde Euro leisten wird. Als eine Alternative zum geplanten S-Bahntunnel wird stets die Verlängerung der U5 nach Pasing genannt. Doch nun wendet sich die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) klar gegen diese Variante. In einem Papier an die Stadtratsfraktionen, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, listet die MVG gleich mehrere Problemfelder auf, die aus ihrer Sicht gegen einen Ausbau der U5 als Alternative zur zweiten Stammstrecke sprechen. Hier die wichtigsten Knackpunkte:
Das Problem mit der Region
Über die zweite S-Bahn-Stammstrecke sollen, so plant es der Freistaat, neben den S-Bahnen und Expressbahnen auch Regionalzüge rollen, die Fahrgäste aus Augsburg, Rosenheim oder Landshut in die Innenstadt bringen. Damit würde ein zusätzliches Potenzial an Fahrgästen erschlossen, würden Pendler zum Umstieg vom Auto auf die Bahn bewegt. Mit der Verlängerung einer U-Bahnlinie sei dies nicht zu erreichen, so die MVG.
Das Problem mit den Fahrzeugen
Das Problem mit der Region könnte unter Umständen gelöst werden: Anhänger der U5-Variante wie etwa die Münchner CSU oder der Verkehrsclub Deutschland (VCD) plädieren für sogenannte 'Zwei-System-Fahrzeuge', also Züge, die auf U- und S-Bahn-Gleisen fahren. Theoretisch ist das möglich: Die Münchner U-Bahn-Tunnel wurden in den sechziger Jahren so konzipiert, dass auch S-Bahnen ohne Kratzer durchkommen, auch die Spurweite passt. Das Problem ist aber aus Sicht der MVG: Zwei-System-Züge müssten zusätzlich angeschafft werden - das verteuert das gesamte Projekt, das geschätzt auf etwa 300 Millionen Euro kommen könnte. Am Bahnhof Pasing müsste außerdem die U-Bahn oberirdisch in das Gleisfeld der Bahn eingefädelt werden. Dagegen sperrt sich allerdings bislang die Deutsche Bahn.
Das Problem mit dem Platz
Zudem hätten die kombinierten Züge auch nicht die Länge von S-Bahnen: Schuld sind die auf 120-Meter-Züge ausgelegten U-Bahnsteige, ein S-Bahn-Langzug benötigt aber Bahnsteige mit 210Meter Länge. Auch können die U-Bahnen nicht beliebig viele zusätzliche Fahrgäste aufnehmen: Denn gerade auf dem innerstädtischen Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof sind die Züge (und vor allem die Bahnhöfe) gerade zur Hauptverkehrszeit schon zu etwa 55 Prozent ausgelastet. Der Puffer reiche nur noch aus, um die zusätzlichen Fahrgäste aufzunehmen, die bei einem Ausbau aus der Innenstadt nach Pasing wollen, argumentiert die MVG.
Das Problem mit dem Störfall
Die Sache würde sich noch verschärfen, wenn bei der S-Bahn mal wieder das Chaos ausbricht - und Tausende Fahrgäste von der S-Bahn in die U-Bahn drängen. Laut MVG schafft die S-Bahn derzeit 23200 Passagiere je Stunde auf dem Abschnitt Pasing-Innenstadt. Die U5 würde (bei einem Fünf-Minuten-Takt) nur 10500 Leute wegbringen, so die MVG. Ein dichterer Takt wäre zwar möglich, um im Störungsfall die S-Bahn zu entlasten. Dazu müssten aber Züge und Fahrer bereitstehen - auch das koste zusätzlich.
Das Problem mit der Wiesn
Schon jetzt platzt während des Oktoberfests der U-Bahnhof Theresienwiese aus allen Nähten. Die Menschenmassen lassen sich nur einigermaßen störungsfrei befördern, weil 'die Lastrichtung fast vollständig einseitig ist', so die MVG - also der Großteil der Wiesnbesucher auf der Nordhälfte des Bahnsteigs aussteigt, während diejenigen, die von der Festwiese wieder weg wollen, auf der südlichen Seite einsteigen. Bei einer U5-Verlängerung würden viele Festgäste direkt in Pasing von der S- auf die U-Bahn umsteigen - und bei der Ankunft auf dem Südbahnsteig für heftiges Durcheinander sorgen. Laut MVG ließe sich das nur durch einen Umbau des Wiesn-Bahnhofs lösen - und auch der steigere die Kosten in nicht unerheblichem Maße.