Kommentar: Brucker S-Bahn auf dem Abstellgleis

Von Wolfgang Krause

Aus Fürstenfeldbrucker Sicht ist es das Schlimmste, was passieren konnte: Nach dem Flop der Münchner Olympia-Bewerbung ist die Finanzierung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke weggebrochen. Doch statt die Konsequenzen daraus zu ziehen und das Milliarden-Projekt aufzugeben, wird es auf unbestimmte Zeit verschoben. Damit steht auch die S4 weiter auf dem Abstellgleis. Denn immer noch gilt die Aussage der Staatsregierung: Erst wenn der neue Münchner S-Bahn-Tunnel fertig ist, gibt es Geld für den Ausbau des Bahnhofs in Pasing und zusätzliche Gleise bis Eichenau. Der unbefriedigende 20-Minutentakt in der Hauptverkehrszeit und die notorischen Verspätungen würden nach diesem Szenario für die Fürstenfeldbrucker, Eichenauer und Puchheimer auch in den kommenden Jahrzehnten zum Alltag gehören - die meisten der derzeitigen Pendler dürften den Ausbau vor der Rente nicht mehr erleben.

Es mag gute Gründe dafür geben, eine Entlastung des Münchner S-Bahnsystems durch einen zusätzlichen Tunnel in der Innenstadt zu fordern. Fakt ist aber, dass dieses Großprojekt bisher nur als Vorwand diente, alle anderen kleineren Verbesserungen zu verhindern. Nicht einmal zusätzliche Zuggarnituren für die seit Jahren vernachlässigte Brucker S-Bahnlinie will das Wirtschaftsministerium zur Verfügung stellen. Umso wichtiger ist es, dass das Bündnis für den S-4-Ausbau endlich Fahrt aufnimmt und in München Druck macht: Für einen vorgezogenen Streckenausbau, für kurzfristige Maßnahmen und - falls sich Gegner und Befürworter darauf noch einigen können - für eine schnelle Entscheidung über den zweiten Tunnel.

Das Treffen am Donnerstag in Fürstenfeldbruck gibt durchaus Anlass zur Hoffnung: Die Politiker vergeudeten ihre Zeit nicht mehr mit dem Streit um Spitzfindigkeiten, sondern begannen mit der eigentlichen Arbeit. Jetzt liegt es an den Pendlern und allen anderen Nutzern der S-Bahn: Nur wenn sie massenweise die ausgearbeitete Petition unterschreiben und auch mit Demonstrationen ihre Interessen vertreten, haben sie eine Chance, gehört zu werden.

(SZ vom 09.07.2011)